Axel Tammen, Bereichsleiter Technik und Qualitätssicherung bei HANSA‑FLEX, spricht im Interview über die neusten Entwicklungen und Trends in der Fluidtechnik und erklärt, was heute technisch schon möglich ist.
Wie haben sich die Anforderungen in der Fluidtechnik verändert?
Die Anforderungen steigen: Bauräume werden kleiner und Biegeradien enger, das Gewicht muss reduziert und Schlauchleitungen flexibler werden. Gleichzeitig erfolgt der Einsatz bei höheren Drücken. Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, investieren wir verstärkt in Forschung und Entwicklung. So konnten wir beispielsweise Verbindungselemente mit höherer Beständigkeit gegen Rot- und Weißrost auf den Markt bringen und durch eine bessere Impulsfestigkeit die Lebensdauer der HANSA‑FLEX Schlauchleitungen erhöhen. Unser Ziel ist dabei stets, Produkte mit Mehrwert für Kunden zu schaffen. Eine anspruchsvolle und spannende Aufgabe für mein Team und mich.
Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit?
Der energieeffiziente Betrieb von Hydraulikanlagen gewinnt zunehmend an Bedeutung, auch im Hinblick auf die ESG-Vorschriften. Mit überschaubarem Aufwand lässt hier viel erreichen. Das haben wir beim Retrofitting der Druckimpulsprüfstände in der zentralen Qualitätssicherung unter Beweis gestellt: Wir haben Regeleinheiten sowie neue Motoren und Pumpen integriert, damit die Anlage nur so viel Energie bereitstellt, wie benötigt wird – und nicht immer auf Spitzenlast läuft. So konnten wir die Betriebskosten um über 50 % reduzieren. Das erfordert umfassendes Know-how, mit dem wir auch unsere Kunden unterstützen: Unsere Hydraulikspezialisten identifizieren Einsparpotenziale, schlagen Maßnahmen vor und setzen diese um.
Welche Entwicklungen im Bereich der Grünen Hydraulik erleben Sie?
Ein weiter Fokus liegt auf der Umweltverträglichkeit. Mobile Anlagen wie Bagger müssen in Wasserschutzgebieten mit biologisch abbaubarem Hydrauliköl betrieben werden. Um sicherzustellen, dass das verwendete Bioöl und dessen Additive mit den Gummikomponenten von Schläuchen und Dichtungen verträglich sind, führen wir Beständigkeitstests durch. Auch die Kreislaufwirtschaft ist ein Thema: Unsere Kollegen in Österreich haben ein Verfahren entwickelt, durch das gebrauchte Schlauchleitungen recycelt werden können. Zudem betreiben wir Prüfstände mit Strom aus unserer Photovoltaikanlage und setzen Wärmerückgewinnung ein. Diese Erfahrungen kommen auch unseren Kunden zugute.
Was sehen Sie aktuell als die größte Aufgabe?
Wir erleben viele Veränderungen in kurzer Zeit. Da ist es wichtig, am Ball zu bleiben. Derzeit testen wir die Möglichkeiten der additiven Fertigung, insbesondere im Hinblick auf die Druckbeständigkeit, und haben Verschraubungen im 3D-Druckverfahren hergestellt. Im Bereich der vorausschauenden Wartung wollen wir durch Sensoren unseren Kunden helfen, mögliche Störungen frühzeitig zu erkennen. Dafür ist wichtig zu wissen, wann eine signifikante Abweichung vorliegt. Im VDMA-Forschungsfonds Fluidtechnik widmen wir uns solchen Fragen und untersuchen beispielsweise, ob die Leckölrate Rückschlüsse auf die Lebensdauer von Hydraulikmotoren zulässt.
Es geht also in Richtung vernetzte und automatisierte Systeme?
Absolut. Allerdings ist noch Basisarbeit nötig, bevor intelligente Hydrauliksysteme bereit für den breiten Markt sind. Das beginnt mit den Daten. Da haben wir unsere Hausaufgaben gemacht: Alle Artikel sind in unserem PIM-System klassifiziert und als Digitale Zwillinge verfügbar. Auch die Kompatibilität von Komponenten spielt bei der Anlagenplanung eine große Rolle. HANSA‑FLEX engagiert sich daher seit vielen Jahren in der Normung. Ich bin Chairperson des Komitees ISO/TC 45/SC 1 und verantworte die Ergebnisse des Arbeitskreises Schlauchleitungen, der an der Harmonisierung von Druckbereichen und Empfehlungen für die Politik arbeitet.
Wie lässt sich das mit Ihren täglichen Aufgaben vereinbaren?
Wer große Sprünge machen will, muss auch die kleinen Schritte gehen. Denn stimmen fundamentale Parameter wie die Kundenzufriedenheit nicht, bleiben Visionen unerreichbare Luftschlösser. In unserer Abteilung stellen wir eine gleichbleibend hohe Qualität sicher und entwickeln unsere Produkte weiter, um die Anforderungen des Marktes im besten Fall zu übertreffen. Ein weiterer Schritt für das große Ziel Digitalisierung ist die verbesserte Kommunikation zwischen Technik und Qualitätssicherung, die wir mit dem Umzug in das gemeinsame neue Kompetenzzentrum erreicht haben.