Der Anwender von Hydraulikölen muss wissen: Kein Öl ist wie das andere! Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass sogar Hydrauliköle von verschiedenen Herstellern, die den gleichen Spezifikationen entsprechen, sich recht deutlich voneinander unterscheiden.
Werden Hydraulikflüssigkeiten verschiedener Hersteller bzw. verschiedener Typen gleichen Herstellers vermischt, können in der Praxis Verschlammungen, Verklebungen, Ablagerungen durch Additivreaktionen oder auch ein verschlechtertes Luftabscheidevermögen entstehen. Dies führt unter Umständen zu Schaumbildung oder einer erhöhten Gefahr der Kavitation. Störungen und Schäden am Hydrauliksystem sind vorprogrammiert. Deswegen untersagen viele Hersteller von hydraulischen Anlagen generell jegliches Mischen mit anderen Hydraulikflüssigkeiten, das schließt auch Hydraulikflüssigkeiten gleicher Klassifikation ein, denn moderne Schmierstoffe werden aus einer Vielzahl von Grundölen und „Zutaten“ sprich komplexen Wirkstoffkombinationen (Additive) hergestellt. Dieser zugeführte Additive-Cocktail kann die bereits vorhandenen Eigenschaften des Grundöles verstärken oder dem Endprodukt eine geforderte Eigenschaft für die Anwendung verleihen. Die Liste der unterschiedlichen Grund-Öle und Additivkomponenten ist sehr lang und erfahrungsgemäß lassen sich die Hydraulik-Öl-Hersteller hier nicht in die Karten schauen.
Grundsätzlich gilt: Mischbarkeit bedeutet nicht automatisch gleich Verträglichkeit!
Die Erfahrung der unabhängigen Öl-Labore können aus ihrer täglichen Arbeit bei Hydraulkikproblemen immer wieder berichten, dass Hydraulik-Öle mit gleicher Grundölbasis, ähnlicher Viskosität, vergleichbarer Dichte sich zwar miteinander sehr gut vermischen, aber aufgrund der unterschiedlichen Additivierung im Betrieb zu Unverträglichkeiten kommt, welche dann halt der Grund für die hydraulische Störung der Anlage ist.
Merke: Was chemisch mischbar ist, kann die physikalischen Eigenschaften der Druckflüssigkeit aber höchst negativ beeinflussen.
Achtung! Einige Ölanbieter werben in ihren technischen Datenblättern mit der Mischbarkeit und bestätigen auch nur diese. Die Frage vom Anwender an den Öllieferant muss aber heißen: „Sind die Hydraulik-Öle untereinander nach dem Vermischen auch miteinander verträglich?!“
Mischbarkeit beschreibt eine chemische Eigenschaft und ist nur dann gegeben, wenn zwei Flüssigkeiten sich leicht vollständig ineinander lösen.
Verträglichkeit dagegen bedeutet, dass sich zwei Flüssigkeiten bzw. zwei Hydraulik-Öle zwar miteinander leicht mischen lassen, aber dabei ihre individuellen Eigenschaften unbedingt beibehalten müssen. Die unterschiedlichen Additivpakete dürfen nicht gegeneinander reagieren. Das passiert, wenn nicht vor dem Mischen von Hydraulikölen mit unterschiedlicher Bezeichnung mit dem Öllieferant geklärt wird, ob neben der gleichen Grundöleigenschaft auch gleiche oder annähernd gleiche Additivperformance zur Anwendung kommen. Eine Vermischung von Ölen mit unterschiedlichen Grundölen und einer unterschiedlichen Additivierung ist möglichst zu vermeiden. Informationen darüber hinsichtlich der Verträglichkeit von Schmierstoffen sind oftmals beim Öllieferanten nicht oder nur sehr schwerlich zu bekommen.
Folgende Druckflüssigkeiten sollten auf keinen Fall vermischt werden:
- Hydrauliköle unterschiedlicher Klassifizierung (HLP/HLPD/HVLP)
- Zinkfreie und zinkhaltige Hydrauliköle
- Hydrauliköle und Motorenöle
- Öle mit detergierenden und nicht detergierenden Eigenschaften
- Öle gleicher Klassifizierung und Fabrikate mit unterschiedlichen Viskositäten
- Biologisch abbaubare Öle (HEES/HEPG/HETG/HEPR) und Mineralöle
- Biologisch abbaubare Öle verschiedener Fabrikate trotz gleicher Klassifizierung (z.B. HEES)
- Biologisch abbaubare Öle unterschiedlicher Klassifizierung (z.B. HEES mit HETG)
- Öle auf Glykolbasis mit allen anderen Syntheseölen oder Mineralölen
Nachstehende Probleme können auftreten:
- Erhöhte Gefahr der Öberflächenschaumbildung
- Verschlechtertes Luftabscheidevermögen
- Erhöhte Kavitationsgefahr
- Verändertes Verhalten gegenüber Wasser
- Dichtungs- und Hydraulik-Schlauchleitungsverschleiß
- Änderung der Reibcharakteristik
- Verkürzte Hydraulik-Öl-Standszeit
- Schlechtere Filtrierbarkeit bzw. Rückgang von Filterstandzeiten
- Verstärkte Systemverschmutzung durch gelöste Ablagerungen
- Vermehrte Bildung von Verschlammung, Ablagerungen / Varnish aufgrund Additivreaktionen
- Verklebungen z.B. durch Zinkseife
Frisch-Ölauffüllungen sollen nur durchgeführt werden, wenn die vorhandenen Öl-Qualität im System den Anforderungen (Viskosität, Säuregehalt, Oxidation) noch entspricht. Bitte auch beachten, dass Frisch-Öl nur mittels Befüll-Pumpen mit entsprechender Filterfeinheit (Absolutfiltration) eingefüllt wird. Ansonsten besteht die Gefahr von Schmutzeintrag ins System.
Vermeiden Sie Ölvermischungen, denn es gibt keine garantiert 100% problemfreie Kombination.
Achtung! Die Unverträglichkeiten können sich je nach Flüssigkeitstyp und Anwendung in schnelle und deutliche eintretende hydraulische Störungen äußern. Diese können aber auch erst mittelbar oder auch langfristig offenbar werden.
Namhafte Hersteller von hydraulischen Maschinen oder Anlagen lassen keine Öl-Vermischungen zu und weisen darauf hin, dass eine Missachtung zum Entzug jeglicher Gewährleistungsansprüche führt.
Maßnahmen zur Vermeidung von Vermischungen
- Einführung eines Fluidmanagements
- Eine genau hinschauende Wareneingangskontrolle, da sich die unterschiedlichen Schmierstoffsorten des gleichen Öl-Herstellers in den langen Buchstaben-Zahlenkolonnen nur unwesentlich unterscheiden.
- Ein gut organisiertes Öl-Lager mit gekennzeichneten Lagerorten für die verschieden eingesetzten Schmierstoffe verringert die Verwechslungsgefahr.
- Öl-Befüllpumpe, welche für verschiedene Schmierstoffsorten eingesetzt werden kann, nach der Verwendung leeren bzw. spülen und nur jeweils mit der Öl-Sorte eigens gekennzeichnete Filterelemente verwenden.
- Schulung und Sensibilisierung des Wartungs- bzw. Instandhaltungspersonals
- zum Thema „Hydraulik-Öle in der praktischen Anwendung“
Fazit
Ja, Hydraulikflüssigkeiten sind in der Regel miteinander mischbar – mit Ausnahme der Hydraulik-Flüssigkeiten auf PAG-Basis. Aber ob die Öle, für die vom Hersteller eine Mischbarkeitserklärung abgegeben wird, auch miteinander verträglich sind, kann entweder der technische Support des Ölherstellers Auskunft geben (hoffentlich dann auch schriftlich) oder wenn nicht, kann das nur durch eine ausführliche und aufwendig durchgeführte Verträglichkeitsanalyse im Labor festgestellt werden. Neben der Additivierung und dem Grund-Öl, müssen dazu unteranderem auch Eigenschaften wie Luft- und Wasserabscheidevermögen, das Schaumverhalten, Säureanteil sowie die Filtrierbarkeit bei unterschiedlichen Mischungsverhältnissen betrachtet werden.
Die Erfahrungen von Diagnoseingenieure aus unabhängigen Öllaboren zeigen durch die Beurteilung tausender Öl-Proben, dass die Vermischungen bzw. Verunreinigungen eines Schmierstoffes mit dem Öl eines anderen Herstellers oder mit einem anderen Öl-Typ eine der Hauptursache für Anlagenstörungen bzw. kostspieligen Ausfällen darstellt.
Merke: Das Hydraulik-Öl ist nicht nur bereits ein zu beachtendes Konstruktionselement in der Planung, sondern auch ein zu beachtendes Arbeitsmittel in der Wartung und Instandhaltung und setzt entsprechendes Fachwissen voraus.